Tinnitus und Hyperakusis

Tinnitus und Hyperakusis werden oft als Risiko des modernen Lebens beschrieben - der Lärmpegel und damit die Belastung für unsere Ohren werden immer grösser. Die Geräusche, die man hört oder die einem Schmerzen zufügen, sind sehr individuell. Wichtig erscheint vor allem die ganzheitliche Betrachtung der beiden Krankheiten.

Die Bedeutung von Tinnitus
Tinnitus bezeichnet alle Arten von Ohr- oder Kopfgeräuschen und leitet sich vom lateinischen Wort „tinnire“ ab. Tinnitus wurde schon in der babylonischen Medizin im 17. Jh. v. Chr., auf ägyptischen Papyri, im Ayur-Veda und im Corpus Hippocraticum erwähnt, und ist in den westlichen Industrienationen zu einer häufigen Erkrankung geworden. Tinnitus kennen 8 % der Schweizer aus eigener Erfahrung. 4 % der Bevölkerung hören permanent Ohrgeräusche; 1 % der Schweizer Bevölkerung ist schwergradig von Tinnitus betroffen.

Hyperakusis - eine Überempfindlichkeit
In 40 % der Fälle besteht bei Tinnitus auch eine Geräuschüberempfindlichkeit, eine Hyperakusis. Hörbares wird bei geringer Intensität als zu laut und deshalb unbehaglich wahrgenommen. Die Hyperakusis entsteht wie der Tinnitus durch Störungen bei der zentralen Verarbeitung von Schallsignalen in Verbindung mit deren Bewertungen. Die Tendenz ist aufgrund von Stress durch seelische und körperliche Überlastung sowie Lärm steigend. Besonders Jugendliche sind durch Hören von zu lauter Musik in Diskotheken, mit iPods und MP3-Playern zunehmend belastet.

Ursachen und Symptome
Jeder Tinnitus, der nicht kurzfristig von selbst wieder verschwindet, erfordert eine gründliche ärztliche Abklärung. In 90 % der Fälle liegt eine Schädigung des Innenohrs vor. Häufig ist Stress Auslöser oder Co-Faktor für den Tinnitus. Selten ist Tinnitus Symptom für eine organische Störung der zentralen Hörbahn. Probleme mit der Halswirbelsäule oder im Zahn-Kiefer-Bereich, innere Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen können auslösende oder verstärkende Ursachen sein. Die Lautheit des Tinnitus liegt meistens zwischen 5 und 15 Dezibel über der Hörschwelle des Betroffenen. Bestimmte Verstärker können das Ohrgeräusch in der subjektiven Wahrnehmung lauter erscheinen lassen. Ein- und Durchschlafstörungen können auftreten.

Gut zu wissen
Für die Betroffenen ist es wichtig zu wissen, dass ihr Tinnitus kein Anzeichen einer bedrohlichen Krankheit ist. Das ist die beste Vorbeugung vor einer akuten Depression oder Angststörung durch den Tinnitus. Wichtig ist, dass die neurophysiologischen und neuropsychologischen Zusammenhänge verstanden werden und der Schweregrad des Tinnitus-Leidens eingeordnet werden. Dies wird am bestem mit dem Tinnitus-Fragebogen nach Göbel und Hiller gemessen. Die Hyperakusis wird entsprechend mit dem Geräuschüberempfindlichkeits-Fragebogen in leicht-, mittel-, schwer- oder sehr schwergradig eingeteilt.

Einstellungsänderung ist lernbar
Die Hyperakusis ist immer psychisch bedingt. Es gilt im ärztlichen Gespräch die Ursachen aufzudecken und die Probleme durch eine Psychotherapie zu lösen. Für schwergradig von Tinnitus und Hyperakusis Betroffene gibt es ein stationäres Therapieangebot in der Tinnitusklinik. Ziel ist die Bewältigung des Tinnitus Leidens. Durch die Kombination von Interventionen wie Entspannung, Einstellungs- und Verhaltensänderung sowie selektiver Aufmerksamkeitslenkung wird der Stress vermindert. Der Kreis aus Tinnitus, Aufmerksamkeitszuwendung, dysfunktionaler Bewertung, Stressreaktion und Verstärkung kann so durchbrochen werden.
Dabei ist neben der kognitiven Verhaltenstherapie die Hörtherapie ein wesentlicher Teil der Therapie. Im Mittelpunkt steht dabei die Umstrukturierung der auditiven Fähigkeiten durch Vermittlung theoretischer Grundlagen und die Schulung von Hörbewusstsein und Hörpraxis. Die positiven Anteile der Hörwahrnehmung sollen gefördert, erneute Freude am Hören wird vermittelt.

Orginalartikel als PDF

Zusätzliche Informationen